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Foto: Eierschalen (© Agnali | pixabay.com)

Marktverschiebung in der Eier-Branche

„Eigentlich ist es jedes Jahr dasselbe“, erklärt Burkhard Brinkschulte, Vorsitzender des Geflügelwirtschaftsverbandes NRW: „nach einem kleinen ‚Sommerloch‘ zeigen die Urlaubsrückkehrenden zuhause wieder Appetit aufs Frühstücksei und spätestens Mitte September beginnt für die Eier-Branche die ‚Backsaison‘.“ Die steigende Eier-Nachfrage hält an bis in die Weihnachtszeit. Nach einer kurzen Verschnaufpause zu Jahresanfang startet dann bald die Ostersaison und ab etwa Pfingsten wird das Geschäft in der Eier-Erzeugung und -Vermarktung bis Mitte September wieder etwas ruhiger.
Doch seit dem letzten Jahr ist alles anders und es lohnt sich ein genauerer Blick auf die aktuelle Situation der Branche, die laut Burkhard Brinkschulte derzeit eine bislang nicht gekannte Markverschiebung erlebt: „Der über viele Jahre gewohnte Ablauf hat im vergangenen September nicht eingesetzt. Die Erzeuger wunderten sich, warum noch so viele Eier verfügbar waren und auch das dann folgende Weihnachtsgeschäft lag unter Vorjahresniveau.“ Eine Ursache sieht er in den seit 2021 spürbaren Preissteigerungen auf dem Eier-Markt. Denn die branchenweite Umstellung auf ‚Eier ohne Kükentöten’ (OKT-Eier) zog auch höhere Verbraucherpreise nach sich. Dabei wurden die entstandenen Mehrkosten von ca. 3,5 ct/Ei (aus konventioneller Haltung) noch nicht einmal vollständig weitergegeben, da die Landwirtinnen und Landwirte lediglich einen Zuschlag von etwa 2 ct je Ei erhielten. Die massiven Kostensteigerungen für Futter waren in den Ausgleichszahlungen des Handels noch nicht berücksichtigt. „Mit Beginn des Ukraine-Krieges herrscht in zahlreichen landwirtschaftlichen Betrieben nun Panik“, stellt Brinkschulte fest.
Zwar habe der Handel im April zum Ausgleich gestiegener Erzeugerkosten 2 ct mehr je Ei angeboten – nicht zuletzt weil die Erzeugerinnen und Erzeuger die Schlachtung von Legehennen und damit den Wegfall von Eier-Kontingenten angekündigt hatten. Für viele Landwirtinnen und Landwirte gilt aktuell das Prinzip ‚Nur ein leerer Stall ist ein guter Stall!‘
Der Umsatzrückgang in der Eier-Branche hat laut Brinkschulte mit einem geänderten Einkaufsverhalten der Menschen zu tun: „Nach Covid ist vieles anders. Wir wollen alle endlich wieder Urlaub machen und deshalb ist weniger Geld für Lebensmittel, insbesondere für hochwertige Erzeugnisse da. Auf dem Eier-Markt leidet darunter vor allem die höherpreisige Ware, Freiland-Eier und besonders Bio-Eier. Dies ist auch der Grund, warum immer mehr Mobilställe leer stehen.“
Im Bereich der ökologischen Haltung ‚pausieren‘ Landwirte in ihren Ställen, z. B. indem Neueinstallungen hinausgezögert werden. In der konventionellen Haltung wird das Mausern der Hennen (Wechseln des Federkleids) für eine zweite Legeperiode genutzt und Ställe bleiben durch das Ausdehnen von Wartungszeiten nach dem Ausstallen der Hennen länger leer als gewohnt.
Bedeutet die Kaufzurückhaltung bei teureren Lebensmitteln – deren höherer Preis oft dadurch bedingt ist, dass in deren Erzeugung auch die Investitionen z. B. in Tierwohl, Klima- und Ressourcenschutz etc. eingepreist ist – womöglich einen radikalen Rückschritt für die Nachhaltigkeitsbemühungen? Hier gibt Brinkschulte Entwarnung: „Der Tierschutzgedanke und die Tierwohlaspekte als wichtige Nachhaltigkeitsindikatoren erhalten zwar einen Dämpfer in der Bedeutungswahrnehmung. Grundsätzlich ist der Weg jedoch unumkehrbar und wird auch in der Eier-Branche langfristig weiter verfolgt werden.“
Die Konsequenzen für die Brütereien und Aufzuchtbetriebe, die die Legehennenhalter durch die seit vielen Jahren wachsenden Herausforderungen begleitet haben, sind allerdings unumkehrbar. „Bei uns sind die Ställe aktuell so leer, wie es dies noch nie gegeben hat. Es droht Kurzarbeit“, so Brinkschulte. Und das nach einer Zeit, in der diese unverzichtbare Vorstufe der Legehennenhaltung ohnehin schon einen radikalen Schnitt hinter sich hat: in Nordrhein-Westfalen sind von elf Brütereien in 2018 heute nur noch drei Betriebe aktiv. „Das seit Jahren andauernde Sterben der Brütereien, auch auf Bundesebene, bedeutet nicht zuletzt einen dramatischen Know-How-Abfluss. Denn eine zentrale Voraussetzung für die betriebliche Ausbildung zum ‚Tierwirt in der Geflügelhaltung‘ ist das Vorhandensein des Betriebsbereichs Aufzucht und Vermehrung“, resümiert er. Ihn wundert es dann auch nicht, dass immer mehr Landwirtinnen und Landwirte perspektivlos werden und ihren Kindern, als mögliche Betriebsnachfolgende, eine Zukunft in einer solchen Situation nicht zumuten wollen.

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